Sonntag, 22. April 2018

Erst die Copa, dann China

Andres Iniesta stand beim 5:0 Barcas im Pokalfinale gegen den FC Sevilla im Fokus.

Luis Suarez küsste ihm nach dessen Tor zum 4:0 gegen Sevilla spontan den Hinterkopf, es war wohl der Abschiedskuss. Lionel Messi umarmte ihn wie noch nie. Zumindest vom Gefühl her. Auch das eine Abschiedsgeste. Später sagte Andres Iniesta unter Tränen, die er nach seiner Auswechslung kurz vor Schluss des wohl letzten Finales mit dem FC Barcelona zuvor schon auf der Bank vergossen hatte: "In den nächsten Tagen werde ich meine Entscheidung verkünden, ich habe die Dinge jetzt geklärt." Sein Vater sagt: "Es wird ein harter Schnitt, aber wenn er jetzt ginge, wäre es wohl der richtige Moment."

China also, die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Obwohl der Trainer von Betis Sevilla, Quique Setien, bittet: "Iniesta, geh’ nicht nach China, komm’ zu Betis." Aber die Weichen scheinen gestellt, es geht um den Klub Lifan Chongqing aus der 30-Millionen-Stadt Chongqing, wo Iniesta im vorigen Sommer seine Fußballschule eröffnete, und dessen Besitzer Jiang Lizhang auch Mehrheitseigner des FC Granada und von Parma Calcio in Italien ist.

Kein Unbekannter also. Lishang besitzt dazu den Investmentfonds "Desports", an dem Iniestas Freund Gerard Piqué beteiligt ist - eine Tochterfirma des Unternehmens "Wuhan Dangdai", das wiederum zur Hälfte an "Media Base Sports" beteiligt ist, der Sport-Vermarktungsfirma von Pere Guardiola, Bruder von Iniestas Ex-Trainer Pep. Und die unter anderem die Interessen von Pep Guardiola, Suarez sowie des ehemaligen Dortmunders Marc Bartra wahrnimmt. Und eben auch die Iniestas. So bleibt, auch in China, doch wieder alles in der "Familie", irgendwie.

Wie in den letzten Jahren auch in der Copa. Das 5:0 gegen Sevilla war nicht nur Barcas vierter Titel in Folge, sondern vor allem ein Schaulaufen für Iniesta. Selbst die Sevilla-Fans im Stadion Wanda Metropolitano von Madrid ehrten den Mann mit Standing Ovations, der Spanien 2010 mit dem 1:0 im WM-Finale gegen die Niederlande zum Titel schoss. Spaniens Medien rühmten den bald 34-Jährigen als "letzten Kaiser". Iniesta blieb relativ ruhig. Und blickte nach vorne: "Jetzt müssen wir die Meisterschaft perfekt machen."

Derweil wird spekuliert, warum die lebende Legende, die gegen Sevilla ein perfektes Spiel ablieferte, überhaupt geht. Natürlich konnte er diese Saison oft nicht das alte Leistungsniveau erreichen. Doch für einzelne Highlights war und ist der Supertechniker noch immer gut. Trainer Ernesto Valverde schwärmt: "Ich würde meinen Arm geben, den Ball so kontrollieren zu können wie Iniesta." Geht es Iniesta ums Geld? Oder um sein Weingut, das er global vermarkten möchte? Oder doch nur darum, nicht zu spät abzutreten? Das könnte klappen. Sein designierter Nachfolger Coutinho schwärmt: "Ich weiß nicht, was er tun wird, aber es ist eine Ehre, mit ihm Fußball spielen zu dürfen."